Tirol - Lechtaler Alpen - Reuttener Hütte - Reuttener Höhenweg - Galtjoch

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Tirol - Lechtaler Alpen - Reuttener Hütte - Reuttener Höhenweg - Galtjoch by Alexander B.

Allgemeine Infos zur Tour

Unsere diesmalige 3-Tagestour mit den Schneeschuhen führte uns erneut mitten in die beeindruckende Szenerie der Lechtaler Alpen, speziell in die Region Stanzach. Wir hatten die Absicht von Hinterhornbach über das Kaufbeurer Haus, die Bretterspitze und den Enzensberger Weg zur Herrmann-von-Barth-Hütte zu gehen. Die Begehung dieses Teilstücks im Winter stuften wir von Beginnn an als eine besondere Herausforderung ein, welche ideale Rahmenbedingungen (Wetter, Lawinengefahr, etc.) voraussetzt. Bereits in der Nacht vor Tourbeginn fiel eine Menge Neuschnee, was sich auch im Laufe des Tages fortsetzte und schwierige Rahmenbedingungen schaffte. Wir begannen unser Bergerlebnis mit einem Frühstück bei "Jamdo" in Stanzach. Hier konnten wir den starken Schneefall bei Rührei mit Speck beobachten und diskutierten nochmals das Begehen der gewählten Strecke. Kalter Rauch prägte den Gastraum, sodass einem als Nichtraucher das bestehende Rauchverbot in heimischen Lokalen wieder als die einzig wahre Lösung bestätigt wurde. Nach ausgiebigem Frühstück und der Entscheidung unsere Tour zu wagen, fuhren wir über Vorderhornbach durch das Hornbachtal nach Hinterhornbach

Tourenberschreibung

1. Tag: Hinterhornbach - Kaufbeurer Haus

  


Wir parkten unser Auto in Hinterhornbach auf dem P 2, ca. 500 Meter hinter der Kirche. Nachdem die Ausrüstung "einsatzklar" und der Proviant verteilt war, starteten wir unsere Tour mit dem Ziel Kaufbeurer Haus. Ausgehend von ca. 1100 Metern Starthöhe standen uns reichlich 900 Hm Aufstieg bevor. Besonderen Wert legten wir auf unsere Sicherheitsausrüstung. Ausgestattet waren wir unter anderem mit Navigationsgerät, Ortovox - Lawinensuchgeräten, Lawinensonden, Schneeschaufeln, Seilen, Pickel und Grödel. Schneefall und dichter Himmel ließen verkünden, dass wir wohl an diesem Tag die Lechtaler Gipfelszenerie nicht genießen werden können.



Gut gelaunt und zuversichtlich starteten wir gegen 12 Uhr auf dem Weg 434. Unser Tagesziel "Kaufbeurer Haus" ist eine Selbstversorgerhütte der DAV-Sektion Allgäu-Immenstadt und liegt auf 2005 Meter Höhe. Der Wegverlauf führte zu Beginn auf einem neuen Forstweg, welcher noch nicht in unserer Karte eingezeichnet war. Großflächige Waldarbeiten ließen darauf schließen, dass der Weg neu und eigens hierfür geschaffen wurde. Der Weg 434 verlief hingegen mehr als Pfad auf direktem Wege in die Höhe und querte den Forstweg mehrfach. Aufgrund des sehr nassen, teils schlammigen mit Schnee überzogenen unwegsamen Untergrunds entschieden wir uns für den Forstweg.  Der Weg schlängelte sich über viele Kehren in die Höhe und endete abprupt auf ca. 1360 Hm. Letztlich war dieser Forstweg kein wirkliches Highlight. Er zog sich sprichwörtlich wie "Kaugummi", quasi viel Strecke mit wenig Höhenmetern. Wir verbuchten dieses Teilstück als "Warmlaufen".


Nach dem Ende des Weges startete unsere "Selbstnavigation" durch ungespurtes, jungfräulich verschneites Gelände. Der Weg 434 war aufgrund der Schneemengen vorerst nicht erkennbar. Nach anstrengenden Passagen quer feldein,  ließen wir uns letztlich von unserem Navigationsgerät leiten und stießen im Verlaufe auf den kaum wahrnehmbaren Pfad. Der Schneefall nahm weiterhin zu, zudem verschlechterte sich die Sicht. Unser wiederkehrend, abseits des Pfades, begangener Weg im Tiefschnee war kraftraubend, die Verhältnisse widrig. Die rauhe Natur so intensiv zu erleben ist das Geschenk dieses Tages gewesen. Ab ca. 1700 Hm peitschte uns ein eisiger Schneesturm ins Gesicht.

   

Kurz vor Erreichen des Karköpfl riss der Himmel für einen Moment auf, sodass wir das Kaufbeurer Haus, zum Greifen nahe, sehen konnten. Zum Haus fehlten noch ca. 130 Hm. Beim Versuch der ostseitigen Querung des Karköpfl stießen wir auf eine massive Eispassage. Auf schmalem, stark abschüssigem Gelände stellten wir eine dicke Eisschicht fest, welche mit Neuschnee bedeckt war. Eine Querung dieser relativ langen Passage war mit Schneeschuhen ohne weiteres nicht möglich. Wir versuchten mit Pickel und Seil die Stelle zu überwinden, wobei uns weiterhin der Schneesturm stark ins Gesicht blies und die Sicht gefühlt bei 0 Metern lag. Um zum Ziel zu gelangen war die Querung dieser Passage zwingend erforderlich. Die Alternativen eines teilweisen Abstiegs und Neuaufstieg durch unwegsames Gelände des Sulztals erschien uns zu diesem Zeitpunkt vor Ort genauso schwierig und riskant wie die unmittelbare Über- bzw. westseitige Querung des Karkköpfl. Um 16:45 Uhr entschieden wir auf 1890 Meter Höhe diese Tour nicht weiterzugehen und traten den Rückweg ins Tal an. 

 

Während unseres Abstiegs schürrten wir ein Feuer und bereiteten uns einen wärmenden Tee. Bei Sturm und starkem Schneefall liefen wir zügig zum Auto, wo wir ca. 18:45 Uhr unsere Tour für diesen Tag unvollendet beendeten. Die Entscheidung des Abbruchs war vernünftig und zeigt auch unseren Respekt vor den Kräften der Natur.

Wir nahmen uns Zimmer in Stanzachs "Föhrenhof", saunierten, speisten und ließen den Tag bei einem gemeinsamen "Absacker" Revue passieren. Trotz des Abbruchs war es ein sehr schöner Tag mit vielen bleibenden Eindrücken. Motto des Tages: "Erkenne die Grenzen".

2. Tag: Stanzach - Rinnen / Rauth - Reuttener Hütte


 

Aufgrund des bekannten Schlechtwettereinflusses hatten wir uns vor Tourbeginn schon "einfachere" Alternativen rausgesucht, um diese bei Bedarf zu begehen. Wir entschieden uns am 2. Tag für den Aufstieg zur Reuttener Hütte. Von Stanzach aus fuhren wir durch das Namloser Tal nach Rinnen / Rauth, kurz vor Berwang. So konnte wir einmal mehr die Fahrt durch das uns gut bekannte Namloser Tal genießen.


Von Rauth aus starteten wir auf ca. 1100 Meter Höhe unsere 2. Etappe zur Reuttener Hütte. Die Landschaft war traumhaft verschneit, die Bedingungen zum Schneeschuhgehen in einfachem Gelände ideal. Die Rahmenbedingungen waren heute besser, zudem hatte die Tour einen sehr geringen Schwierigkeitsgrad.


Wir liefen auf dem Weg 614, zu Beginn ein Fahrweg, in Richtung Ehenbichler Alpe. Nach etlichen Kehren zweigten wir auf ca. 1500 Meter Höhe vom Weg in Richtung Raazalpe und Reuttener Hütte ab. Wir verließen hier den Fahrweg und kamen in einen jungfräulich verschneiten, traumhaften Wintermärchenwald. Wir navigierten uns abermals mittels technischem Gerät  durch ungespurtes Gelände.

Auf ca. 1680 Hm legten wir eine Pause und wirbelten mächtig den Pulverschnee auf. Ein Spass für jedes Alter! Gegen 14 Uhr erreichten wir die Reuttener Hütte auf 1720 Meter Höhe. Die Hütte ist eine Selbstversorgerhütte der Sektion Reutte des ÖAV. Sie ist im Winter nur mit AV-Schlüssel zugänglich.


Von hier sollte uns am 3. Tag der Weg entlang des Reuttener Höhenweges zur Abendspitze und zum Galtjoch führen. Den heutigen Tag ließen wir ruhig ausklingen. Nach Bezug der Hütte und einer Stärkung bei Tee und Obst machten wir noch eine kleine Rundtour. Wir liefen auf dem Plateau südlich vom Lechschrofen, weiter in Richtung Raazalpe und Rainberg, zogen dann eine Schleife und kehrten zurück zur Reuttener Hütte. Ein schöner Ausklang des Tages. Ca. 200 Meter von der Hütte entfernt, existiert eine "eigene" Wasserquelle, sodass man auf das Schmelzen von Schnee nicht angewiesen ist. Auch erwähnenswert ist die ca. 60 Meter entfernte Toilette, ein Bio-WC im Schutz eines großen Baumes.  "Mal schnell auf Toilette" und vielleicht noch ohne Schneeschuhe war nicht möglich. Aber alles in allem eine saubere, gelungene Idee!



Zum ersten Mal seit vielen Jahren waren wir nicht allein in der Hütte. Am Abend kam der Skitourengeher Andi aus Augsburg hinzu. Gemeinsam aßen wir Nudeln und erzählten diverse Episoden vergangener Bergtouren. Um 22 Uhr war Nachtruhe!


 3. Tag: Reuttener Hütte - Reuttener Höhenweg - Galtjoch - Abendspitze - Rauth

Nach ausgiebigem Schlaf frühstückten wir reichlich gegen 08:30 Uhr. Wir starteten die Etappe in Richtung Ehenbichler Alpe (1694 Hm), wo wir unsere Rucksäcke verstauten. Von da begannen wir den Aufstieg zum Galtjoch, einem bei fast jedem Wetter als sicheren Aufstiegsgipfel geltenden Gipfel.


An diesem Tag galt die Lawinenwarstufe 3 ("erhebliche Lawinengefahr"). Das Galtjoch ist ein beliebte Skitourenroute. Wir stellten auch auffallend viele Skitourengeher fest. Mit Schneeschuhen waren wir alleine unterwegs. Der Aufstieg zum 2109 Meter hohen Gipfel war unschwierig, gleichwohl wegen der Schneemengen anstrengend. Kurz nach 12 Uhr genossen wir bei immer besser werdender Sicht unser Gipfelglück. Letzlich konnten wir bei klarer Sicht eine spektakuläre Gipfelkulisse genießen. 



Nach dem Galtjoch bestiegen wir noch die naheliegende Abendspitze (1962 Hm). Dieser Gipfel war aufgrund des Aufstiegs durch Kiefernbüsche, etc. nicht für Skitourengeher geeignet. Hier spurten wir wieder durch jungfräuliches Gelände und waren alleine am Gipfel. Nach ausgiebiger Gipfelrast stiegen wir querfeldein durch Tiefschnee in Richtung Ehenbichler Alpe ab.


  

In der Alpe empfing uns die Wirtin Marion mit 3 Marillenschnäpsen. Nachdem wir sehr verwundert geschaut haben, erklärte sie uns, dass "ein junger Mann für uns 3 Schnäppse zahlte" und sie auf jeden Fall dafür Sorge tragen sollte, dass wir diese erhielten. An dieser Stelle noch einmal "Danke Andi", unserem edlen Spender und Hüttenmitbewohner. Anschließend wurden wir mit Kaiserschmarrn und Nudeln verköstigt und ließen es uns richtig gut gehen.



Von der Ehenbichler Alpe stiegen wir dann auf dem Fahrweg in Richtung Rauth ab und beendeten unsere Tour. Die Wetterlage war dieses Mal schwierig und forderte viel Fexibilität. Den Abbruch am ersten Tag, verbunden mit der sichereren Tour auf dem Reuttener Höhenweg, bereuten wir zu keiner Zeit. Ganz im Gegenteil, die Reuttener Hütte mit ihren umliegenden Gipfeln ist ein wunderbarer Ort, welcher es vielmehr verdient als 1. Wahl geplant zu werden und nicht nur eine Schlechtwetteralternative zu sein. Es waren schöne Tage!

Weitere Informationen

  • Route Aufstieg: Stanzach - Hinterhornbach - Kaufbeurer Haus - Stanzach - Rinnen / Rauth - Reuttener Hütte - Reuttener Höhenweg - Galtjoch - Abendspitze - Ehenbichler Alpe - Rinen / Rauth
  • Route Abstieg: s. Aufstieg
  • Dauer für Aufstieg: 3 Stunden
  • Dauer für Abstieg: 2 Stunden
  • Ziel Höhe / Gipfel: 2112 Meter
  • Höhenmeter: 2200 Meter
  • Schwierigkeitsgrad: leicht
  • Empfohlende Wandermonate: ganzjährig, im Winter mit Schneeschuhen möglich
  • Klettersteig: nein
  • Einkehrmöglichkeit: Ehenbichler Alpe
  • Schuhwerk: knöchelhohe Bergschuhe mit guter Profilsohle
  • Trittsicherheit: erforderlich
  • Schwindelfrei: erforderlich
  • Wanderkarte: KEINE
  • Weiterempfehlen: ja - ich würde die Tour wieder machen
  • Hinweis:

    Die Benutzung des Tourenberichtes erfolgt auf eigenes Risiko. Es wird keine Haftung für etwaige Unfälle und Schäden jeder Art übernommen. Für das Begehen der Tour als Schneeschuhwanderung bedarf es eines erhöhten Zeitansatzes.

    Eine eigene Gefahrenbeurteilung insbesondere hinsichtlich der aktuellen Lawinengefahr zum Zeitpunkt der geplanten Begehung sowie das Mitführen einer persönlichen LVS- Ausrüstung sind unabdingbar.

Alexander B.

"Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen"

Viel Spaß mit unseren Berichten